INTERVIEW MIT DER INHABERIN VON TONGLÜCK – NICOLE
Als wir das Haus ihrer bereits verstorbenen Oma in Euerhausen bei Würzburg betreten, zeigt uns Nicole direkt die charmanten Überbleibsel einer anderen Zeit, wie die Bruchstücke der Blümchentapete im Flur, die Holzbalken und die alte Steinmauer, die sich hinter dem Putz verbirgt. In zwei Räumen hat sie hier die Töpferwerkstatt Tonglück eingerichtet, in der sie ihre eigene Keramik herstellt. Direkt neben dem Brennofen sprechen wir mit ihr über ihren Weg zum Töpfern, ihre Pläne für die Zukunft und ihre Verbindung zu Würzburg.
LIEBE NICOLE, STELL‘ DICH GERNE KURZ VOR. WER BIST DU UND WAS MACHST DU?
Ich bin Nicole, bin in Euerhausen bei Giebelstadt aufgewachsen und dann mit 20 Jahren nach Würzburg gezogen. Dort habe ich eine Ausbildung zur Dekorateurin gemacht und in diesem Job auch lange gearbeitet. Mittlerweile arbeite ich aber im Vertrieb und E-Commerce, auch weil der Job als Dekorateurin heute nicht mehr so gefragt ist. Ich wusste aber, dass ich etwas Kreatives brauche und habe viel ausprobiert, bis ich dann beim Töpfern gelandet bin.
WIE BIST DU ZUM TÖPFERN GEKOMMEN?
Meinen ersten Workshop habe ich 2020 gemacht. Damals habe ich es zwar noch nicht gekonnt, aber sofort gedacht: Das ist es. Ich konnte mir direkt mehr davon vorstellen. Also habe ich jedes Wochenende getöpfert, mir Bücher mit Anleitungen ausgeliehen und nach ein paar Monaten eine eigene, kleine Drehscheibe gekauft, an der ich täglich saß. Am Anfang hatte ich sie noch in meiner Wohnung stehen – aber schon mit dem Hintergedanken, dass ich hier ja eine Werkstatt einrichten könnte.
UND WIE IST DARAUS DIE IDEE ENTSTANDEN, DEINE EIGENE TÖPFEREI TONGLÜCK ZU ERÖFFNEN?
Ich hatte kaum angefangen zu töpfern, da haben mich schon Leute gefragt, ob ich auch verkaufe. Am Anfang habe ich das zwar nicht, weil ich noch mehr Qualität und Erfahrung wollte, gerade mit dem Brennen und den passenden Temperaturen. Aber irgendwann dachte ich, dass ich natürlich nicht alles für mich brauche und deshalb auch Teile verkaufen könnte. Also habe ich mir einen Ofen gekauft. Damit konnte ich dann Geschirr brennen, weil es dazu sehr hohe Temperaturen braucht. Genauso hat es sich mit den Kursen ergeben. Ich wurde öfter danach gefragt, also habe ich geschaut, was ich mit den Mitteln, die ich zur Verfügung habe, anbieten kann. Letztendlich habe ich dann im Mai 2022 mein Kleingewerbe angemeldet und im November die Stunden in meinem Hauptjob reduziert. Seitdem probiere ich mich aus und schaue, was klappt und was nicht.
HAST DU TIPPS, DIE DU ANFÄNGERN MITGEBEN KANNST?
Am Anfang macht der Ton mit dir, was er möchte, und nicht umgekehrt. Aber man entwickelt recht schnell ein Gefühl dafür, wie es funktioniert. Das Wichtigste ist: üben, üben, üben und dranbleiben, auch wenn es mal nicht klappt. Man kann den Ton ja auch wiederverwerten, wenn man ihn nicht brennt. Also einfach ausprobieren, wieder kaputtmachen, mal mehr, mal weniger, mal weicher, mal fester Ton und mal schneller und langsamer. Außerdem macht es Sinn, sich die ersten Schritte aufzuschreiben, um immer wieder nachschauen zu können.
WIE WÜRDEST DU DEINEN STIL BESCHREIBEN?
Ich würde sagen, mein Stil ist ein bisschen rustikal, aber auch klassisch und organisch. Die schlichten Naturtöne gefallen mir sehr gut. Und ich finde es gut, wenn es zeitlos und kombinierbar ist. Das Haus ist da eine große Inspiration für mich.
WELCHES IST DEIN LIEBLINGSSTÜCK?
Eigentlich habe ich keins. In meinem Schaufenster steht eine Teekanne, die ich mal in einer Challenge getöpfert habe, die vielleicht. Aber ich hänge nicht groß an einem Stück, weil ich immer schon das nächste im Blick habe. Am besten gefällt mir meistens das Neueste.
WO KANN MAN DEINE KERAMIK KAUFEN?
Am 6. Mai bin ich mit einem eigenen Stand bei Klein-Montmartre. In meinem Etsy-Shop kann man Sachen von mir bestellen oder eben sehen, was es bei mir so gibt, und mir dann schreiben, um sie direkt abzuholen. Auf meinem Instagram Account poste ich, wenn das wieder möglich ist. Da kann man mich aber sowieso immer anschreiben. Ich muss ja immer erstmal wieder nachproduzieren und schauen, was gefragt ist
INZWISCHEN KANN MAN AUCH WORKSHOPS BEI DIR MACHEN. WIE LÄUFT SO EIN WORKSHOP AB?
Letztes Jahr habe ich Kurse im Handbilden für bis zu sechs Personen angeboten. Mit den Teilnehmerinnen habe ich zwei Techniken ausprobiert, daraus sind dann Tassen und Schälchen entstanden. Das waren Basics für die, die noch keine Erfahrung hatten. Ende April gibt es jetzt die ersten Drehscheibenkurse, die schon ausgebucht sind. So ein Kurs ist für alle, die es schon immer mal ausprobieren wollten, für zwei Personen ausgerichtet und dauert drei Stunden. Je nachdem, wie die laufen, schaue ich, wie ich die Kurse nochmal anbiete.
DU BIST IN DER UMGEBUNG VON WÜRZBURG AUFGEWACHSEN UND WOHNST HEUTE IN DER STADT. WAS VERBINDEST DU MIT WÜRZBURG?
Als Dekorateurin bin ich viel rumgekommen in Deutschland und da ist mir aufgefallen, wie schön Würzburg wirklich ist. Ich finde die Größe auch super. Ich wohne in der Zellerau und kann überall hinlaufen. Was ich daran auch schön finde, ist, dass man sich immer wieder sieht. Und Würzburg ist ja nicht nur Stadt, sondern auch viel Natur.
WAS IST DEIN LIEBLINGSORT?
Ich habe auf jeden Fall Lieblingslaufstrecken. Das ist am Main entlang in der Zellerau bis zur alten Mainbrücke, am Stein und auch zum Käppele hoch. Da oben ist man komplett raus aus allem und kann den Kopf gut freibekommen. Der Weg von der Festung durch die alte Landesgartenschau ist auch toll, den kennen viele gar nicht. Oder der Weg von der Festung Richtung Höchberg.
WAS SIND DEINE NÄCHSTEN PLÄNE FÜR TONGLÜCK?
Ich habe viel im Kopf, was ich machen könnte, aber plane gar nicht so viel im Voraus. Ich probiere einfach aus und schaue, was gerade machbar ist. Was ich jetzt aber als Nächstes machen möchte, wenn ich mehr Zeit habe, ist ein eigener Tonglück Onlineshop. Etsy war erst einmal einfacher, aber ich möchte ein Portal, in dem ich sowohl Produkte als auch Kurse anbieten und mich selbst vorstellen kann.
